Schluss

Sonntag, 30. Juni 2013

...mit Schuldgefühlen. Das habe ich mir vorgestern gedacht. Und danach geweint - vor Erleichterung und Trauer. Erleichterung darüber, dass nun endlich Schluss damit sein soll. Trauer, weil ich so viel Zeit hinein investiert habe. Darin, meinen Körper zu hassen und zu versuchen, in eine neue Form zu zwingen. Ich werde in der kommenden Woche 25 - und ich möchte nie wieder eine Diät machen. Ich ernähre mich ausgewogen, verzichte auf tierische Produkte, esse viel Obst und Gemüse. Wenn mir danach ist, treibe ich Sport. Ich sorge dafür, dass ich ausreichend Schlaf bekomme und lasse mich regelmäßig beim Arzt durchchecken. Mein Körper ist gesund - und ich hasse ihn.
Ich will das nicht mehr, und als ich auf dieser Seite die Erfahrungsberichte las, fing ich an zu weinen. Seitdem ich mich erinnern kann, mag ich meinen Körper nicht. Immer kam ich mir zuviel vor; und zu laut. Oft genug wurde mir das eine oder andere bestätigt, von Menschen, die sich als Familie und Freunde bezeichneten. Mein Verlobter liebt mich; meinen Intellekt und meine Schönheit (seine Worte). Ich wünsche mir so sehr, dass ich nur einmal sehen kann, was er in mir sieht. Ich bin nicht übergewichtig, ich bin normalgewichtig. Und einmal muss mit der Selbstzerstörung Schluss sein. Wir reden immer wieder über Kinder, möchten gern im nächsten oder übernächsten Jahr einen ersten Versuch wagen. Doch ich möchte niemandem, der mich als Vorbild betrachtet, einen solchen Hass auf den eigenen Körper vorleben. Wie oft habe ich nachts geweint, ehrlich verzweifelt, weil ich anders aussehen wollte. Dünner, hübscher, weniger, leichter.
Oder weil ich etwas verbotenes gegessen hatte und nicht wusste, was ich nun tun sollte. Weil ich Angst hatte, niemals mein Ziel zu erreichen: Mit meinem Körper zufrieden zu sein.
Nach meinem Entschluss zog ich die Konsequenzen: Ich meldete mich bei den Gewichtsbeobachtern ab. Natürlich hatte ich in den letzten Monaten dadurch abgenommen, doch mein Selbstbewusstsein schwand mit jedem verlorenen Kilo noch mehr, ich hatte immer häufiger schlechte Laune und wusste kaum noch, was ich kochen sollte.
"Dieses Gericht hat ein Drittel meiner Tagespunkte - dann muss ich beim Abendessen sparen.", diese und ähnliche Gedanken verfolgten mich jeden Tag. Ich habe die Reißleine gezogen; auch deshalb, weil meine Stiefschwester gerade in einer Klinik wegen ihrer Magersucht behandelt wird und es mir vorkommt, als spuckte ich ihr ins Gesicht, wenn ich sehenden Auges immer schärfe Regeln und Verbote, die mein Essverhalten betreffen, aufstelle.
Ich möchte es schaffen, irgendwann genau das zu essen, was mein Körper braucht - ohne schlechtes Gewissen und bis ich satt bin. Ich möchte wieder Sport machen, weil er Spaß macht und nicht um Punkte zu sammeln, damit ich etwas essen kann.
Einen ersten Schritt habe ich gestern getan und nach Wochen mal wieder ein Karotten-Kartoffel-Curry gekocht, mit Kokosmilch und Erdnussbutter. Und es war so köstlich.
Wunderbare, aufbauende und bekräftigende Worte fand ich übrigens auch hier.
Wichtige Worte fand ich dort:

"Ich will nicht mehr abnehmen. Einfach so. Ich will den Körper, den ich habe, nehmen, wie er ist und zu was er wird. Ich will nicht gegen meinen Bauch arbeiten. Ein so stilles wie herzliches Fuck You an die Idee, sich in Form halten zu müssen. Ich habe bereits eine Form. Ich falle nicht auseinander."

1 Kommentar:

  1. Sehr berührend fand ich deine Worte. Das vermutlich so gut wie jede Frau denselben Horror durchmacht, ist eine der Absurditäten des Lebens. Desweiteren sind es tatsächlich oft die eigenen Mütter welche diese Einstellung weitergeben. Das zu lesen hat mir etwas die Augen geöffnet. Warum also nicht einfach relaxt zurücklehnen und das Leben genießen... :)

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Vielen Dank für deine Worte, ich freue mich über jeden Kommentar und schalte ihn so schnell wie möglich frei! Meist antworte ich auch darauf. ;)

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